15 September 2020
Brauchen Sie in Ihrer Anwendung Gleitlager? Wenn es darum geht, das Material für Ihre Gleitbuchse festzulegen, sollten Sie zweimal überlegen, bevor Sie sich für Kunststoff entscheiden. Gleitlager sind ein einfach aussehendes Bauteil und im Gegensatz zu Kugellagern enthalten sie keine beweglichen Teile. Allerdings hat das Material einen großen Einfluss auf die Leistung des Gleitlagers.
Kunststoff-Gleitlager sind eine verlockende Wahl als preiswertes Standardprodukt. Kunststoff hat die gleichen Vorteile wie andere für Gleitlager eingesetzte Materialien. Es ist selbstschmierend, wartungsfrei, verschleißfest und hat einen niedrigen Reibungskoeffizienten. Viele Anwendungen stellen jedoch weitere Anforderungen an Lagerstellen. Wenn viel Zeit und Mühe in die Konstruktion investiert wird, sind diese von entscheidender Bedeutung. Der Einsatz von Kunststoffmaterialien kann hierbei zu großen Herausforderungen führen.
Wir zeigen Ihnen die 5 Hauptgründe, warum Kunststoffbuchsen nicht die beste Lösung für Ihre Anwendung sind - und schlagen eine überlegene Alternative vor.
In der Automobilindustrie hat es in den letzten Jahren einen enormen Wandel hin zu leiseren Motoren gegeben. Hierdurch ist die morgendliche Fahrt zur Arbeit viel angenehmer geworden. Jedoch treten nun die kleinsten Geräusche aus dem Kabineninneren stärker hervor und selbst bei den kleinsten Bauteilen muss dies bei der Konstruktion beachtet werden.
Kunststoffbuchsen sind weniger elastisch als PTFE-Buchsen und können nicht mit Press- oder Übergangspiel eingesetzt werden. Das bedeutet, dass Kunststoff-Gleitlager mit Spiel oder „exakter“ Passung zwischen Lager und Welle verwendet werden müssen. Dies erfordert eine präzise Fertigung des Gehäuses und der Welle. In einem Spielzustand besteht die Gefahr einer Relativbewegung zwischen der Metallwelle und der Gleitlagerbuchse. Dies kann zu einem störenden Klappergeräusch führen. Die elastischeren NORGLIDE® Gleitlager können mit Press- oder Übergangspiel eingesetzt werden. Hierdurch ist kein Spiel vorhanden und somit kein Platz für Klappergeräusche. Selbst wenn eine NORGLIDE®-Buchse unter Spielbedingungen eingesetzt wird, ist das Klappergeräusch aufgrund der hervorragenden Dämpfungseigenschaften der PTFE-Folie weitaus geringer. Die Metallwelle schlägt gegen das weiche PTFE-Compound und nicht gegen den harten Kunststoff. Abbildung 1 zeigt das erzeugte Klappergeräusch auf der Grundlage von Labortests. Bei 2 mm Spiel mit einer Anregungsfrequenz von 20 Hz bei einer Beschleunigung von 40 m/s2.
Ein Gleitlager mit einer weichen Gleitschicht bringt weitere Vorteile. Ein Vorteil ist die Fähigkeit, ein konstantes Drehmoment über den gesamten Toleranzbereich der Lagerstelle aufrecht zu erhalten. Abbildung 2 zeigt die Änderung des Drehmoments bei unterschiedlichem Lagerspiel, von Übermaß bis Spiel. Die Wahl eines PTFE-Gleitlagers wie z.B. NORGLIDE® hat somit einen klaren Vorteil: es kann einen großen Toleranzbereich ausgleichen. Hierdurch entfällt die kostspielige Präzisionsfertigung von Komponenten.
NORGLIDE® Gleitlager weisen im Vergleich zu anderen Buchsen über einen größeren Bereich ein konstanteres Drehmoment auf. Die Schicht aus einem reibungsarmen Compound kann Toleranzen von Gehäuse und Welle ausgleichen. Und sorgt für ein gleichbleibendes, weiches Verstell-Gefühl. In der Abbildung 2 unten sehen Sie, wie eine Kunststoffbuchse während des Labortests nach 0,06 mm Übermaß versagte.
Lage- oder Positionstoleranzen von Automobilkomponenten können Fluchtungsfehler verursachen. Ein Beispiel hierfür ist der Autositz. Die Bohrungen an der Rahmenstruktur werden mittels Stanzverfahren hergestellt. Schwankungen während des Stanzprozesses führen zu Variationen in der Position der Bohrungen und somit des Querrohres. Dieses dreht sich zwischen den beiden Seiten des Sitzes, wie in Abbildung 3 dargestellt. Wenn die beiden Seiten nicht fluchten, erhöht sich das Drehmoment. Eine Kunststoff-Gleitlagerbuchse mit seiner harten Gleitschicht führt zu einer hohen Verspannung. Dies führt zu einem hohen Druck auf das Gleitlager und zu einer höheren Reibung. Diese Drehmomenterhöhung spürt der Endbenutzer bei der Einstellung des Sitzes. Die Ingenieure von Saint-Gobain haben diese Situation simuliert und verschiedene Gleitlager getestet.
Abbildung 3: Aufbau Fluchtungsfehler
Abbildung 4 zeigt das Drehmoment bei verschiedenen Fluchtungsfehlern - eine Welle läuft zwischen zwei versetzten Gehäusen. Die Welle dreht sich in den Gleitlagern und erzeugt ein Drehmoment. Eine höhere Fehlausrichtung zwischen den beiden Gehäusen führt zu höheren Drehmomentwerten. Eine POM-Buchse zeigt hierbei einen signifikanten Anstieg des Drehmoments, selbst bei einer niedrigen Fehlausrichtung. NORGLIDE® Gleitlager weisen eine weitaus größere Kompensation der Fehlausrichtung auf, wobei NORGLIDE® MP am besten abschneiden.
Abbildung 4: Drehmomente bei verschiedenen Fluchtungsfehlern
Abbildung 5 zeigt einen Autositzrahmen mit der Position der NORGLIDE® Gleitlager in Rot. Die Vergrößerung rechts zeigt die Drehpunkte der Sitzhöhenverstellung und des Querrohrs. NORGLIDE® bietet hervorragenden Komfort aufgrund eines konstanten Drehmoments sowie reduzierter Geräusche und Vibrationen. Dies hat einen großen Einfluss auf das gesamte Fahrerlebnis.
Ohne einen metallischen Rücken haben Kunststoffmaterialien nur eine begrenzte Tragfähigkeit. Beispiele für Anwendungen mit hoher Belastung sind Lager in Sitzanwendungen, wie die Drehpunkte der Sitzhöhenverstellung. Bei einer zu hohen Belastung bricht der Kunststoff und Lasten werden direkt auf die Struktur übertragen. Dies verursacht Beschädigungen und eine unerwünschte Erhöhung der Reibung und des Drehmoments. Umgekehrt kann eine hohe Belastung, z.B. eines NORGLIDE® Gleitlagers, von dem metallischen Rücken aufgenommen werden. Die Last wird verteilt und somit verringert sich die Last, welche auf die Sitzstruktur wirkt. Abbildung 6 zeigt, wie sich die Belastung auf Gleitlager unter Verwendung der Finite-Elemente-Analyse auf die Gegenkomponenten ausbreitet.
Elektrostatisches Lackieren (Beschichten) wird verwendet, um komplette Baugruppen schnell zu lackieren. Das Gleitlager ist in der Baugruppe hier meist schon verbaut. Dieser Prozess wird bei hoher Temperatur durchgeführt. Durch die hohe Temperatur dehnen sich die Bauteile aus und das Gleitlagermaterial wird zusätzlich weich. Dies führt zu einer kurzzeitigen Pressung und einer dauerhaften Verdünnung des Kunststoffs. Dies verursacht ein erhöhtes Spiel und es kommt es zu einer Verringerung des Drehmoments sowie einer Zunahme der Klappergeräusche nach dem Lackieren. Bei einer Gleitlagerbuchse mit Metallrücken wird der Grad der Ausdehnung verringert und durch die elastische Gleitschicht eine plastische Verformung vermieden.
Um eine hohe Qualität in der Anwendung zu erreichen, ist eine detaillierte Konstruktionsarbeit erforderlich. Dies stellt sicher, dass Baugruppen die gewünschte Leistung erbringen. Dieser Aufwand kann durch Gleitlager zu Nichte gemacht werden, die nicht den gleichen Detailkonstruktionsprozess durchlaufen haben. Berücksichtigen Sie daher alle Komponenten von Anfang an.
Die Ingenieure von Saint-Gobain arbeiten eng mit Ihnen zusammen, um ein Höchstmaß an Leistung zu erzielen. Auf diese Weise machen Ihre maßgefertigten NORGLIDE® Gleitlager im Hinblick auf Ihre Anwendungen einen großen Unterschied.